Unsachlicher Ausschluss einer Masterstudentin von der Studienbeihilfe: ÖH klärt Rechtsfrage im Bereich der Studienförderung
Frau J beantragt Studienbeihilfe für ihr Masterstudium. Ihr Antrag wird von der Studienbeihilfenbehörde abgewiesen. Auch der Senat der Studienbeihilfenbehörde bestätigt im Rechtsmittelverfahren die Ablehnung. Frau J habe zu lange für ihr Bachelorstudium gebraucht, lautet die Begründung.
J schließt ihr Bachelorstudium im 10. Semester ab. Sie führt aus, dass der verspätete Abschluss ihrer Erkrankung geschuldet sei. Die Behörde vertritt jedoch die Ansicht, ihre Krankheit sei nicht zu berücksichtigen, da J im 8. Studiensemester erkrankte. Nach dem Gesetz, so führt die Behörde aus, können nur Erkrankungen berücksichtigt werden, die bis zum 7. Studiensemester aufgetreten seien.
Verunsichert wendet sich J an die Sozialberatung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH) und schildert ihre Lage. Die ÖH hat dazu eine andere Meinung und unterstützt Frau J bei der Formulierung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Für J steht viel auf dem Spiel; schließlich geht es um den Anspruch auf die monatliche Beihilfe für ihr komplettes Masterstudium.
Das anzuwendende Studienförderungsgesetz (StudFG) regelt, dass Masterstudien gefördert werden können, wenn das Masterstudium spätestens binnen 30 Monaten nach Abschluss des erstabgeschlossenen Bachelorstudiums aufgenommen wird und die gesetzlich vorgesehene Studiendauer des Bachelorstudiums um nicht mehr als 3 Semester überschritten wird (in der Regel: binnen 9 Semestern). In diese zulässigen 9 Semester sind Zeiten nicht einzurechnen, für die wichtige Verhinderungsgründe nachgewiesen werden. Im Gesetz wird angeführt, dass eine fachärztlich bestätigte Erkrankung des_der Studierenden zu einer Verlängerung dieser Frist führt, wenn der_die Studierende nachweist, dass die Studienverzögerung dadurch verursacht wurde.
Die Behörde prüft diese Kausalität aber erst gar nicht. Sie vertritt die Auffassung, die Erkrankung sei bei J „zu spät“ aufgetreten und daher überhaupt nicht zu berücksichtigen. Die Verlängerungsgründe seien „erst nach Ablauf der vorgesehenen Studienzeit zur Absolvierung des Bachelors (sechs Semester) und des Toleranzsemesters aufgetreten (…) und dies (dehnt) den Überschreitungsrahmen nicht aus (…).“
J erkrankt tatsächlich im 8. Bachelorstudiensemester. Sie leidet unter starker Migräne und befindet sich in ärztlicher Behandlung. Die Migräne ist mit Übelkeit, Schwindel und Konzentrationsstörungen verbunden ist, weshalb Lehrveranstaltungsbesuche teils erschwert, teils verunmöglicht werden. Ihre Leistungsfähigkeit ist gemindert, ihr Studienerfolg verschlechtert sich, das Fortkommen verzögert sich. Im 9. Semester kommen Lungenschmerzen hinzu. Schmerzen und Atemnot sind die Folge. Abermals konsultiert sie eine Ärztin.
Insgesamt verzögert sich durch ihren körperlichen Zustand ihr Studienabschluss. J legt genau dar, dass sie ohne Erkrankung ihre Abschlussprüfungen im 9. Semester positiv ablegen hätte können. Denn bereits im 8. Studiensemester bereitet sie sich auf diese vor, im 9. Semester tritt sie mehrmals an, leider erfolglos.
Etwa 10 Monate nach Erhebung des Rechtsmittels liegt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vor. Das Gericht schließt sich der Rechtsauslegung der ÖH an und bestätigt, dass die „Dreisemesterregel“ in Bezug auf einen Beihilfenanspruch im Masterstudium sehr wohl durch Erkrankung verlängert werden kann, unabhängig vom Zeitpunkt der Erkrankung. Die Studienbeihilfenbehörde habe unterlassen, Ermittlungen zur Frage anzustellen, ob die Erkrankung der Studentin J kausal für die Studienzeitüberschreitung im Bachelorstudium war.
Kurze Zeit nach der erfreulichen Gerichtsentscheidung wird J nun die Studienbeihilfe für das gesamte bereits vergangene letzte Studienjahr in der Höhe von über 9.500 Euro ausbezahlt. Laufend erhält sie nun auch die Studienbeihilfe weiter.
Durch die ÖH erkämpft: Mit Unterstützung der ÖH erhält die Studentin Studienbeihilfe für ihr Masterstudium zugesprochen.
Weitere Erfolge aus der Beratung unter www.oeh.ac.at/geschafft