Durch die ÖH erkämpft: Mit rechtlicher Unterstützung der ÖH wird dem Studenten nach langem Rechtsstreit die günstigere Studentische Selbstversicherung zugesprochen und die Differenzbeträge rückwirkend erstattet.
Student V beginnt im Sommersemester 2015 sein Doktoratsstudium und möchte sich mit der Selbstversicherung für Studierende krankenversichern. Diese Krankenversicherung ist kostengünstiger als die allgemeine Selbstversicherung in der Krankenversicherung und steht Studierenden bei Erfüllen einiger Voraussetzungen von Gesetzes wegen zu. Da das Alter bei der Studentischen Selbstversicherung keine Rolle spielt, kann vor allem für ältere Studierende und für Studierende, die keine Familienbeihilfe mehr beziehen, diese Krankenversicherung eine gute und leistbare Alternative sein.
Die damals für Vs Antrag zuständige Gebietskrankenkasse (jetzt Österreichische Gesundheitskasse) lehnt seinen Antrag ab. Grund sei, dass er das Doktoratsstudium nicht binnen 12 Monaten nach Abschluss seines Masterstudiums begonnen habe. Dies ist nach Ansicht der Behörde eine Voraussetzung, die beim Bezug der Studienbeihilfe, aber auch bei der Inanspruchnahme des günstigeren Tarifs der Studentischen Selbstversicherung vorliegen müsse.
Statt des für die Studentische Selbstversicherung vorgesehenen Betrages, wird ihm der Monatsbetrag der allgemeinen Selbstversicherung in der Krankenversicherung vorgeschrieben. Bei finanziell schwachen Versicherungsnehmer_innen kann der monatliche Höchstbetrag für die allgemeine Selbstversicherung auf Antrag bis auf ein Viertel, also auf etwa € 100 reduziert werden. Dieser monatliche Mindestbetrag wird für V festgelegt. Das ist aber immer noch etwa doppelt so teuer, wie der monatliche Preis der vergünstigten Studentischen Selbstversicherung.
V erkundigt sich bei der Sozialberatung der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH). Die Jurist_innen der Sozialberatung vertreten eine andere Auffassung und unterstützen V bei seinem weiteren Vorgehen. In einem Schreiben an die Krankenkasse wird auf den Gesetzeswortlaut der anzuwendenden Bestimmungen verwiesen, die rückwirkende Herabsetzung des Beitragssatzes und eine Entscheidung mittels Bescheid beantragt. Die Ablehnung erfolgte bisher nicht in Bescheidform, weshalb dagegen auch kein Rechtsmittel erhoben werden kann.
Gegen den folglich ergangenen Bescheid erhebt V mit Hilfe der ÖH Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gibt ihm mit Erkenntnis vom 03.05.2016 (BVwG vom 03.05.2016, G305 2122282-1/11E) Recht, hebt den Bescheid der Krankenkasse auf und stellt klar, dass die begünstigte Beitragsgrundlage auf V anzuwenden sei. Da V während seines Doktoratsstudiums keine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt, ist die Frage eines abgeschlossenen Vorstudiums unerheblich.
In seiner Entscheidung führt das BVwG umfassend die Voraussetzungen für die studentische Selbstversicherung aus. Demnach dürfe
– die Zuverdienstgrenze des Studienförderungsgesetzes (StudFG) nicht überschritten werden,
– ein Studienwechsel nicht häufiger als zweimal und jeweils nicht später als nach dem 2. Semester vorgenommen worden sein und
– darüber hinaus die zulässige Anspruchsdauer nach StudFG nicht ohne wichtige Gründe um mehr als vier Semester überschritten sein.
Die Frage, ob bereits ein Studium abgeschlossen wurde, ist nur relevant, wenn aus einer Erwerbstätigkeit Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt werden. Das Gericht kommt also zum Schluss, dass auf den Doktoratsstudierenden V, der keine Erwerbstätigkeit ausübt, der günstige Tarif für Studierende anzuwenden ist.
Die Krankenkasse möchte sich mit dieser Gerichtsentscheidung nicht zufriedengeben und erhebt Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Nach mehr als 4 Jahren weist das Höchstgericht in seiner Entscheidung vom 18.09.2020 ([VwGH vom 18.09.2020, Ro 2016/08/0020-4](https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vwgh/JWT_2016080020_20200918J00/JWT_2016080020_20200918J00.pdf)) das Rechtsmittel der Krankenkasse zurück und schließt sich der Rechtsauffassung des BVwG an. Nach Ansicht des VwGH ist der Wortlaut des Gesetzes zu dieser Rechtsfrage eindeutig, womit – im Gegensatz zur Auffassung der Krankenkasse – keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt:
„Vielmehr liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, wenn es – wie hier – trotz Fehlen von Rechtsprechung keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf, weil das Gesetz selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft.“
Durch die ÖH erkämpft: Mit rechtlicher Unterstützung der ÖH wird dem Studenten nach langem Rechtsstreit die günstigere Studentische Selbstversicherung zugesprochen und die Differenzbeträge rückwirkend erstattet.
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